Die bittersten Leiden
Mel Gibsons „Die Passion Christi“
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mit freundlicher Genehmigung der Herder Korrespondenz,
in deren April-Ausgabe die folgende Rezension erschienen ist.
Reinhold Zwick (geb. 1954) ist Professor für Biblische Theologie an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Münster. Mitglied der Katholischen Filmkommission für Deutschland. Zahlreiche Veröffentlichungen zum Verhältnis von Film und Theologie.
Weitere Informationen:
Webseite an der Uni Münster
Interview in der Frankfurter Rundschau
16. März 2004
Wohl kaum ein Jesus-Film hat im Vorfeld bereits solche Wellen geschlagen. Die einen befürchteten eine antisemitische Schlagseite, andere die ungebremste Darstellung von Gewalt. Seit Mitte März ist Mel Gibsons Evangelienverfilmung „Die Passion Christi“ jetzt auch in Deutschland zu sehen.
In Denys Arcands „Jesus von Montreal“ (1989) erhält der junge Schauspieler Daniel Coulombe den Auftrag, ein in die Jahre gekommenes Passionsspiel zu "entstauben", da der Text "ein wenig überholt" sei. Was Daniel in einem Videomitschnitt der aus vorkonziliaren Zeiten stammenden Inszenierung zu sehen bekommt, ist ein blutleeres Deklamieren von geschraubten Versatzstücken einer überkommenen Sühneopfer-Theologie, und es verwundert nicht, dass seine Truppe diesen Text später bei einer ihr abgezwungenen Leseprobe kräftig parodiert. Wie in einer Kampfansage an den aufgeklärten Geist Arcands sucht Mel Gibson mit seiner „Passion Christi“ jetzt neuerlich die Heilsbedeutung der Menschwerdung Jesu allein in seiner Leidensgeschichte (vgl. HK, September 2003, 438).